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Der Geist des Weihnachtsfestes PDF Drucken E-Mail

Der Geist des Weihnachtsfestes


Am 24. Dezember dämmerte ein ganz und gar stiller, klarer und eisiger Tag herauf. Der Geist des Weihnachtsfestes begann, uns alle zu durchdringen.“ Pathetisch beginnt der englische Zeichner Bruce Bairnsfather seinen Bericht über die Ereignisse an der Westfront des Ersten Weltkrieges im Jahr 1914.
Auch ein Jahrhundert nach dem „Weihnachtsfrieden“ zwischen deutschen Soldaten und ihren britischen, französischen und belgischen Gegnern lassen die zeitgenössischen Schilderungen dem Leser einen Schauer über den Rücken laufen. Wie konnte es möglich sein, dass sich die verfeindeten Truppen spontan für eine begrenzte Zeit verbrüderten? Die Ausgangssituation von 1914 war zweifellos eine besondere. Was im Rückblick als erste Auseinandersetzung von wirklich globalen Ausmaßen erscheint, war den Menschen am Ende des ersten Kriegsjahres noch nicht klar. Zu Weihnachten sollte der Feldzug zu Ende sein, hatte man den begeisterten Freiwilligen im Spätsommer noch erzählt. Entlang der rund 800 Kilometer langen Frontlinie zwischen Kanal und dem französisch-schweizerischen Grenzgebiet schwante den Soldaten allmählich, dass eine schnelle Rückkehr zu ihren Familien immer unwahrscheinlicher wurde. Besonders in Flandern, in der Umgebung der Stadt Ypern, zeichnete sich der weitere Verlauf der Kämpfe in Form eines blutigen Stellungskrieges ab. Kaum 50 Meter lagen hier deutsche und britische Truppen auseinander. Problemlos konnten sich die in Schützengräben festsitzenden Männer über Zurufe mit dem Gegner verständigen.
Wohl deswegen kam es hier zu den ersten Kontakten über die verfeindeten Linien hinweg. Der Wunsch, Weihnachten zu feiern, war offenbar größer, als weiter in den nasskalten, von Ratten bevölkerten Lehmgräben auf Befehle zu warten. Von einem „merkwürdig menschlichen Ereignis“ sprach ein anderer britischer Soldat, Frederick W. Heath: „Während ich so da lag und träumte, nahm ich ein Flackern in der Dunkelheit war. Zu derart später Stunde war ein Licht im feindlichen Schützengraben selten, sodass ich Meldung erstattete. Ich hatte kaum zu Ende gesprochen, da leuchteten weitere Lichter auf.“ Schließlich, so Heath, „drang ein im Krieg wohl einzigartiger Gruß an unser Ohr: English soldier, English soldier, a merry Christmas, a merry Christmas!“

Die ersten Lieder erklangen. Das Repertoire reichte den Berichten zufolge von der „Wacht am Rhein“ und „Rule Britannia“ bis zu „Oh Du fröhliche“ oder „Still, still, still, weil's Kindlein schlafen will“. Nach und nach kletterten die ersten Soldaten aus ihren Gräben auf das zuvor so heiß umkämpfte Niemandsland; vorsichtig, mit erhobenen Händen, zum Zeichen, dass sie unbewaffnet sind. Als auf der anderen Seite, mit der man sich monatelang tödliche Gefechte geliefert hat, nicht geschossen wird, wird aufeinander zu gegangen - übers durchzäunte Niemandsland. In einigen Fällen machen deutsche Soldaten den Anfang, indem sie beleuchtete Weihnachtsbäumchen vor sich hertragen.

Als der erste Weihnachtstag anbrach, stiegen Soldaten aller Seiten massenweise aus ihren Gräben, um sich mit dem Feind im Niemandsland zu treffen. Erste Pflicht: die Toten begraben. Oft hatten die Leichen wochenlang im Niemandsland gelegen - Opfer eines sinnlosen Stellungskriegs. In manchen Fällen begruben die verfeindeten Lager ihre Toten sogar gemeinsam. Und nicht alle Toten waren Christen. Der 25. Dezember war ein kalter, klarer Tag. Nachdem die Toten begraben waren, begannen die Feinde zu kommunizieren - mit Händen und Füßen - man tauschte Zigaretten und Pfeifen, das wenige Essen, das man besaß, manchmal auch Kopfbedeckungen. „Während ihr daheim euren Truthahn gegessen habt, war ich draußen, unterhielt mich mit denselben Männern, die ich einige Stunden zuvor noch töten wollte, und schüttelte ihnen die Hand. Es war überwältigend!" schrieb ein britischer Soldat in einem Brief an seine Familie. Die Männer, die sich am Tag zuvor noch belauerten, zeigen sich die Fotos ihrer Familien, reden über ihre Sehnsucht, dass dieser verdammte Krieg enden möge. Hier und da kam es zu Fußballspielen auf dem Schlachtfeld. In der Nähe des französischen Dorfs Fromelles feierten die Soldaten einen gemeinsamen Gottesdienst. Im belgischen Diksmuide gab ein preußischer Offizier den Belgiern eine Monstranz zurück, die seine Truppen vorher beschlagnahmt hatten.

An vielen Frontabschnitten ereignete sich im Jahr 1914 ein solcher Weihnachtsfrieden. Er war nie von Dauer, aber er bewies die Sehnsucht der Soldaten nach einem Ende des Krieges. Auch im darauffolgenden Jahr gab es Bemühungen auf beiden Seiten der Front, die friedliche Weihnacht zu wiederholen, doch diese Versuche wurden von den Befehlshabern zunichte gemacht. Ab 1916 hatte endgültig Kanonendonner die Klänge der Weihnachtslieder verdrängt. Doch Frontbriefe zeugen von der Kriegsmüdigkeit und den zwiespältigen Gefühlen, mit denen viele Männer dem sogenannten „Feind" entgegentraten. So wie im Schreiben des französischen Soldaten Martin Vaillagou an seinen Sohn Maurice. Er verfasste es wenige Tage bevor er in einem Krieg ums Leben kam, an dessen Sinn er wohl längst nicht mehr glaubte. „Für Maurice: ich werde mich bemühen, dir deine Wünsche zu erfüllen, soweit ich es eben vermag. (...) Doch ich bin mir nicht sicher, ob ich dir einen Preußenhelm mitbringen soll. (...). Mein armer Maurice,  du musst bedenken, dass die Preußen genauso wie wir sind. (...) Stell dir vor ein preußischer Junge schreibt seinem Vater den gleichen Brief wie du mir, und wünscht sich ein Franzosen-Käppi und wenn nun der preußische Papa seinem kleinen Sohn das Käppi mitbrächte und es wäre das deines Vaters? Sag, wie denkst du nun darüber?

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

diese unglaublichen, in Deutschland lange als unpatriotische Entgleisung verschwiegenen Ereignisse des Jahres 1914, sollen auch Ihnen den Geist des Weihnachtsfestes nahebringen. Denn als vor 100 Jahren Weihnachten vor der Türe stand, konnten für eine große Zahl junger Männer (man geht heute von etwa 100.000 Soldaten aus) jene Werte, für die das Fest steht, nämlich Nächstenliebe, Besinnung, Harmonie, nicht weiter weg sein. An Heiligabend aber sollten die Waffen schweigen. An Weihnachten im Jahre 1914 kehrte wenigstens für eine kurze Dauer in einer ansonsten so schrecklichen Zeit so etwas wie Menschlichkeit ein, und dafür sorgten die Soldaten größtenteils selbst – mit dem Aufeinanderzugehen, mit der Warmherzigkeit, den Geschenken – und auch Fußball. Heute wie damals markiert Weihnachten immer wieder einen Neubeginn für die Menschen. Vor mehr als 2000 Jahren ist etwas geschehen, das unser Abendland verändert hat bis zum heutigen Tag. Es ist ein Versprechen, eine Verheißung; die Verheißung des Friedens auf Erden. Das dieser Friede kein Geschenk ist, der einfach so unter dem Weihnachtsbaum liegt, das zeigen uns die vorgenannten Aufzeichnungen vom Weihnachtsfrieden 1914. Stellen sie sich vor, alle Soldaten an der Front hätten sich daran beteiligt, vielleicht wäre dann der Erste Weltkrieg doch noch wie anfangs versprochen an Weihnachten 1914 zu Ende gegangen. Wie viele Menschenleben wären diesem Massenvernichtungskrieg nicht zum Opfer gefallen?

Hören wir doch die alte Geschichte, um uns daran zu erinnern, worum es am Heiligen Abend geht und kommen wir über diese Geschichte zur Besinnung. Lassen wir den Tag ausklingen mit ein paar einfachen Gedanken über das, was wirklich wichtig ist im Leben. Was wir in diesen Tagen suchen, sind Worte, die uns tragen und nicht wie Seifenblasen plötzlich in sich zusammenfallen. Weihnachten ist der Geburtstag Christi, die Wintersonnenwende der Weltgeschichte, deren Lauf uns die Gewissheit gibt, dass das Böse keine endgültige Macht besitzt. Und dennoch müssen auch wir uns jedes Jahr aufs Neue darauf besinnen und dazu beitragen den Frieden zu verdienen. Gerade auch im eigenen, kleinen Umfeld unserer Dorfgemeinschaft. Erleben wir heute nicht auch hier wie sich Streit und Missgunst wegen zum Teil nichtiger Anlässe herausbilden? Das sollte uns aufmerksam machen und wir sollten uns gegen solche Entwicklungen, bei allem notwendigen Ringen um richtige Wege und zukunftsweisende Entscheidungen stellen. Jeder sollte einmal in seinem eigenen Umfeld darüber nachdenken was Solidarität, Hilfsbereitschaft und Gemeinsinn bedeuten. Betrachten wir doch alles einmal aus anderen Gesichtspunkten und achten wir auch die Meinungen derer, die nicht unbedingt mit unserer eigenen Meinung im Einklang stehen.

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

das Leben ist ein ständiges Kommen und Gehen. Wir alle sind nur Gast auf dieser Erde. Gute Menschen haben uns in diesem Jahr für immer verlassen und unsere Gemeinde ärmer gemacht, hoffnungsvolle Kinder wurden uns geschenkt, sind auf die Welt gekommen und bereichern unser Dorf. Mögen die Trauernden Trost finden, damit sie an ihrer Trauer nicht zerbrechen. Allen Kranken wünsche ich Genesung, den Einsamen Gemeinschaft und den Missmutigen Zufriedenheit.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, für die bevorstehenden Weihnachtsfeiertage ruhige, besinnliche und unbeschwerte Stunden. Meine besten Wünsche begleiten Sie alle in das neue Jahr 2015, das Ihnen Glück, Erfolg, Zufriedenheit, vor allem aber Gesundheit bringen soll.


Herzlichst, Ihr Ortsvorsteher Gerd Weinland

(gw)

 
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